Purrsuit of Culture, Art, Lifestyle and Fashion for Catlovers!

Samtpfoten im Schlaglicht: Katzen als Filmstars

O

b als vornehme vierbeinige Aristokraten, mysteriöse Begleiter, Sidekicks mit tieferem Sinn oder tierische Verkörperung menschlichen Müßigganges: Katzen haben die Kinoleinwände in den verschiedensten Rollen erobert und sind aus der Filmgeschichte nicht mehr wegzudenken. Ihre geheimnisvolle Natur, ihre Anmut und Unabhängigkeit machen sie zu perfekten Leinwand-Charakteren, die sowohl in Haupt- als auch in Nebenrollen brillieren. Wir werfen einen Blick auf die facettenreiche Präsenz von Katzen im Film – von klassischen Zeichentrick-Ikonen bis hin zu Spielfilm-Protagonisten mit psychologischem Tiefgang.

Zeitlose Ikonen des Zeichentrickfilms

Der Zeichentrickfilm bot Katzen von Anfang an eine ideale Bühne. In der Animation können sie sprechen, singen, tanzen, den Naturgesetzen trotzen und dabei Persönlichkeiten entfalten, die menschliche Abgründe und Sehnsüchte spiegeln, wodurch einige der bekanntesten Figuren der Filmgeschichte entstanden.

A.) Klassiker von Disney und Co.

Besonders prägend war der mittlerweile zum Disney-Klassiker avancierte Zeichentrickfilm Aristocats (1970). Hier trifft die aristokratische Welt eines behüteten Luxuslebens auf die rauen, lebensfeindlichen Verhältnisse der Straße: Die feine Angorakatze Duchesse, Mutter dreier Kätzchen, wird mit ihrer Familie vom rachsüchtigen, geldgierigen Butler des Hauses entführt und ausgesetzt. Die in die Jahre gekommene, betuchte Katzenbesitzerin hatte ihren pelzigen Lieblingen ihr gesamtes Vermögen vermacht – ein Erbe, das der Butler selbst anzutreten hoffte. Die unfreiwillige Reise der Katzenfamilie zurück nach Hause wird zu einem Sinnbild für Mut und Zusammenhalt. An ihrer Seite: der Straßenkater Thomas O’Malley, der in seiner Mischung aus Lässigkeit und Ritterlichkeit die Brücke zwischen zwei Welten schlägt. Der Film thematisiert Freundschaft, Hoffnung und die Kraft, angesichts einer existentiell bedrohlichen Situation über sich selbst hinauszuwachsen.

Von gänzlich anderer Spielart und Thematik ist die Figur der Grinsekatze in Alice im Wunderland (1951), der Verfilmung des Kinderbuchklassikers Alice´s Abenteuer im Wunderland (1865) von Lewis Caroll. Mit ihrem rätselhaft-unheimlichen Grinsen und der Fähigkeit, nach Belieben zu erscheinen und wieder zu verschwinden, verkörpert sie die Logik des Traumes. Sie ist gleichzeitig Wegweiser und Verführer der Protagonistin Alice und ein Symbol für die Unberechenbarkeit des Wunderlandes. Ihre Auftritte wirken wie ein Kommentar auf das Kino selbst: eine Welt, in der nichts so ist, wie es scheint.

Eine der bekanntesten und ältesten Trickfilm-Katzen ist Kater Tom, der ewige Verlierer aus Tom und Jerry, einem Zeichentrickklassiker aus den 1940er Jahren. Die stets dem gleichen Schema folgende Handlung –Tom jagt die Maus Jerry, wobei die Maus meist triumphiert – entfaltet einen Kosmos des Slapsticks, in dem Tom zu einer tragikomischen Figur wird. Sein nie endender Kampf um eine unmögliche Beute macht ihn zur Ikone des Scheiterns, die das Publikum gleichzeitig zum Lachen und zum Mitleid bewegt. Ganz ähnlich konzipiert – und möglicherweise an Tom aus Tom und Jerry angelehnt – ist die Figur des Katers Silvester (1945) der Looney Tunes-Serie von Warner Bros. Auch er jagt vergeblich den kleinen Kanarienvogel Tweety, der trotz seiner kindlichen Unbedarftheit immer wieder dem ungeschickten Kater entwischt. Der weltweite, generationsumspannende Erfolg von Tom und Jerry liegt nicht zuletzt in seinem philosophischen Unterton: das konsequente Scheitern des samtpfötigen Protagonisten bildet eine vertraute Parallele zur Vergeblichkeit des menschlichen Lebens.

B.) Unverwechselbare Charaktere der jüngeren Vergangenheit

Seit den späten 1970er Jahren wurden Katzen noch stärker zu ironischen Kommentatoren menschlicher Schwächen. Ein Paradebeispiel ist Garfield (1978), der faule, lasagnesüchtige Kater aus der gleichnamigen Comic-Serie, der 2004 den Sprung auf die große Leinwand schaffte. Garfield ist ein Anti-Held, dessen Zynismus die Banalität des Alltags aufs Korn nimmt. Er frisst, schläft und meckert – und gerade in dieser Trägheit spiegelt er selbstironisch den Zustand einer Gesellschaft, die zwischen Konsumlust, Bequemlichkeit und Lebensüberdruss pendelt.

Auch der gestiefelte Kater aus Shrek 2 (2004) spiegelt als anthropomorphe Katzen-Figur menschliche Eigenschaften. Geschickt spielt er mit den Erwartungen des Publikums, indem er in einem Moment als auf zwei Beinen stehender, furchtloser Degenfechter auftritt, im nächsten jedoch schon als unschuldiges Schmusekätzchen seinen Liebreiz einsetzt, um sein Gegenüber zu entwaffnen. Diese ständige Gratwanderung zwischen Draufgängertum und Sanftheit hat den ursprünglich als Nebenfigur entworfenen Trickfilmkater so populär gemacht, dass ihm später eine eigene Filmreihe gewidmet wurde. Hier zeigt sich, die Variationsbreite mit der die Katzengestalt im Kino eingesetzt werden kann: mal (Anti-)Held, mal Trickster, immer aber schillernd, liebenswert und ironisch.

Samtpfoten im Spielfilm – Von Mystik bis Realismus

Im Spielfilm erscheinen Katzen zwar meist realistischer, in ihrer Funktion als Figuren sind sie dort aber nicht weniger komplex und tiefgründig. Ihre Rollen als meist stumme Begleiter menschlicher Protagonisten sind vielfältig. Sie können als Allegorien der inneren Konflikte ihrer zweibeinigen Bezugspersonen fungieren, deren psychologische Abgründe ausloten oder selbst die Handlung kommentieren und in Bewegung setzen.

A.) Psychologische Projektion

Eines der eindrücklichsten Beispiele für die Funktion von Film-Katzen als Spiegel der menschlichen Psyche ist der namenlose Kater in Frühstück bei Tiffany (1961). Der von der Protagonistin Holly Golightly nüchtern „Cat“ gerufene Kater lebt mit der von Audrey Hepburn gespielten Figur in einer losen, unverbindlichen Beziehung. Er ist für sie kein festes Haustier und fungiert so als Spiegelbild ihrer Angst vor Nähe. Die Schlüsselszene, in der Holly den Kater im strömenden Regen aussetzt, um sich von allem zu lösen, und ihn kurz darauf verzweifelt wieder sucht, markiert ihren emotionalen Wendepunkt: In der Entscheidung, Cat doch wieder anzunehmen, gesteht sie sich ein, dass Bindung und Liebe keine Fesseln sein müssen, sondern auch Rettungsanker und emotionale Heimat sein können.

Eine ähnliche Funktion, wenngleich mit anderer Färbung, übernimmt die weiße Perserkatze an der Seite von James-Bond-Bösewicht Ernst Stavro Blofeld. Sie sitzt friedlich auf seinem Schoß, während er mit eiskalter Berechnung Weltherrschaftspläne schmiedet. Die sanfte Gelassenheit der Katze kontrastiert die Brutalität des Mannes und macht ihn dadurch zugleich unheimlicher. Sie ist kein Charakter im engeren Sinn, sondern ein filmisches Stilmittel: Sie schafft zugleich Intimität und Distanz und verleiht dem Schurken eine vermeintliche Menschlichkeit, welche seine Bestialität jedoch nur noch stärker hervorhebt. Ein Effekt, den auch der unter Cineasten zur Kult-Szene erhobene und inzwischen zum Meme gewordene Auftritt der Katze in Der Pate (1972) nutzt: Der Mafiaboss Don Vito Corleone, gespielt von Marlon Brando, streichelt zärtlich die Samtpfote auf seinen Knien, während er ungerührt Mordaufträge erteilt.

B.) Begleiter, Helfer und Überlebende

Selbst in Genres, in denen man Katzen am allerwenigsten vermuten würde, tauchen sie auf: So im Science-Fiction-Klassiker Alien (1979) in Gestalt des rotgetigerten Katers Jonesy. Während er zunächst wie ein Nebencharakter wirkt, entpuppt er sich im Laufe des Films als entscheidender, handlungsbestimmender tierischer Faktor: Jonesy reagiert sensibel auf Gefahr, seine Angst ist Vorbote des nahenden Grauens. Dass die Protagonistin Ellen Ripley den Kater am Ende um jeden Preis retten will, zeigt ihre Weigerung, Menschlichkeit der Kälte des Alls zu opfern. Jonesy überlebt – und macht den Horrorfilm dadurch auch zu einer Erzählung über Mitgefühl und Liebe.

Noch unmittelbarer auf Psyche und Schicksal seines menschlichen Filmhelden bezogen ist Bob, der rotgetigerte Kater aus Bob, der Streuner (2016). Basierend auf einer wahren Geschichte, spielt er nicht nur sich selbst, sondern auch seine reale Rolle als Lebensretter. Für den drogenabhängigen Straßenmusiker James wird Bob zur Quelle von Struktur und Hoffnung. Er zwingt James, Verantwortung zu übernehmen und schenkt ihm bedingungslose Liebe, welche James von Menschen lange nicht erfahren hat. Hier ist die Katze nicht bloß Begleiter, sondern therapeutische Kraft, die ein Leben umkrempelt.

C.) Existenzialistische Pfoten

Ein neueres Beispiel, das besonders tief in existenzialistische Fragen eindringt, ist der Animationsfilm Flow (2024) von Gints Zilbalodis. Der Protagonist ist eine kleine schwarze Katze, die in einer von Fluten zerstörten Welt ums Überleben kämpft – ohne Worte, allein durch Gesten, Rhythmus, Bewegung und Atmosphäre. Sie begegnet anderen tierischen Schicksalsgenossen – einem Labrador, einem Lemur, einem Sekretärvogel und einem Capybara – und muss lernen, zwischen Rivalität und Solidarität ihren Weg zu finden.

Die schwarze Katze wirft in ihrer Rolle zutiefst menschliche Fragen auf: Wie kann man angesichts einer untergehenden, chaotischen Welt Individualität, Würde und Hoffnung bewahren? Welche Rolle spielen Freundschaft und Zusammenhalt in einer lebensfeindlichen Umgebung und wie können sie zwischen wesensverschiedenen Individuen ent- und bestehen? Flow macht eine Katze zur endzeitlichen Heldin, die, allein durch ihr Sein und Handeln, Antworten auf die großen Fragen des Lebens andeutet.

Kulturhistorische und dramaturgische Dimensionen

Die filmische Bedeutung von Katzen ist ohne ihre kulturhistorische Symbolik nicht gänzlich begreifbar. Seit Jahrhunderten schwankt ihre kulturelle Wahrnehmung zwischen göttlicher Verehrung und dämonischer Verdammnis – und genau diese Ambivalenz macht sie zu so vielschichtigen Leinwandfiguren.

A.) Die Ambivalenz der Katzensymbolik

Katzen gelten als unabhängig wie kaum ein anderes Haustier. Sie leben nicht in Gefolgschaft, sondern in Koexistenz mit dem Menschen. Diese Freiheit spiegelt sich im Kino: von Holly Golightlys „Cat“, als Symbol emotionaler Ungebundenheit, bis hin zur schwarzen Katze in Flow, die ihre Identität auch im Chaos einer zerstörten Welt behauptet.

Doch ebenso ist die dunkle Seite der Katze präsent. Schwarze Katzen galten im Volksglauben als Hexentiere, als Begleiterinnen okkulter Rituale und Omen des Unheils. Diese Tradition lebt in Filmen und Serien fort: Hexenkatzen wie Salem aus Sabrina – Total Verhext! oder die sprechenden, oft doppeldeutigen Katzenfiguren in Fantasy- und Horrorfilmen verkörpern diese ambivalente Rolle. Sie können Beschützer oder Verräter sein, Symbol der Magie oder Vorboten des Grauens.

In vielen Werken entsteht daraus eine faszinierende Spannung: Die Katze kann Freund sein, Retter, Helfer – oder Katalysator dunkler Mächte. Sie verkörpert Intuition und Schatten, Anmut und Unheimlichkeit zugleich. Psychologisch betrachtet steht sie oft für das Unbewusste und das Verborgene. Dass gerade Bösewichte wie Blofeld oder Don Vito Corleone mit Katzen inszeniert werden, lässt sich als Entsprechung dieses doppelsinnigen Wesens der Katze lesen.

B.) Die dramaturgische Rolle im Film

Katzen übernehmen im Film immer wieder zentrale dramaturgische Funktionen: Sie unterlegen die Handlung mit Subtexten und treiben sie an entscheidenden Punkten voran. Sie können wie in Bob – der Streuner und Frühstück bei Tiffany die Psyche der menschlichen Protagonisten spiegeln und zum entscheidenden Zeitpunkt deren Katharsis auslösen. Als subtile Instrumente der Handlungs-Bewegung und -Lenkung haben Katzen ihre Spuren in der Filmgeschichte hinterlassen: ob in Gestalt von „Cat“, durch den Holly Golightly Bindungsfähigkeit lernt, oder als Jonesy, der Wärme in die technisierte Kälte des Raumschiffs Nostromo bringt. Wie ein Film-Charakter mit seinem felinen Gefährten umgeht, verrät mehr über seine Menschlichkeit als viele Worte. Nicht zuletzt fungieren Film-Katzen auch als Ventil absurder Komik und schwarzen Humors: Tom, Garfield oder der gestiefelte Kater bringen das Publikum zum Lachen und vermitteln auf diese Weise im Grunde ernste Themen mit spielerischer Leichtigkeit.

Schlussbetrachtung

Katzen im Film sind weit mehr als flauschiger Aufputz und süße Nebendarsteller. Sie sind Projektionsflächen für menschliche Wünsche und Ängste, verkörpern Freiheit und Geheimnis, aber auch Abhängigkeit und Schattenseiten. Ihre Auftritte können märchenhaft, komisch, unheimlich und tiefgründig sein.

Ob als aristokratische Heldinnen, zynische Faulpelze, treue Begleiter, magische Hexenwesen oder existenzialistische Hauptakteure in einer dystopischen Zukunft – Katzen fesseln das Publikum, weil sie immer etwas Geheimnisvolles bewahren. In ihrer Ambivalenz aus Nähe und Distanz liegt ihre eigentliche Anziehungs- und Strahlkraft. Samtpfoten haben die Leinwand längst erobert – und werden auch in Zukunft zu den unverzichtbaren Stars des Kinos gehören.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Instagram Feed