Palast der Katzen – Die Sankt Petersburger Eremitage
ie Sankt Petersburger Eremitage, ein weltberühmter Palastkomplex im Herzen der Stadt an der Newa, gehört zu den bedeutendsten und größten Kunstmuseen der Welt. Als ehemalige Winterresidenz der russischen Zaren beherbergt sie etwa 65 000 Kunstschätze, darunter etliche von Weltruhm. Werke von Rembrandt, Rubens, Matisse, Gauguin oder Da Vinci zählen hierzu.
Doch der Palastkomplex ist auch für eine ganz besondere Einzigartigkeit bekannt: In ihm leben dutzende Katzen. Eine Kuriosität, die in erster Linie pragmatische, aber auch sentimentale Ursprünge hat.
Mitte des 18. Jahrhunderts kursierte im Winterpalast eine Ratten- und Mäuseplage. Aus dieser Not heraus veranlasste Zarin Elisabeth Petrowna höchstpersönlich, dass aus dem 1000 Kilometer entfernten Kasan Katzen in den Palast geholt wurden, die sich bestens für die Mäuse- und Rattenjagd eigneten. Angeblich waren es Katzen der Rasse «Russisch Blau», die heute noch eine der in Russland beliebtesten Katzenrassen ist. Der Erfolg stellte sich bald ein: Die Katzen vertilgten die Nager und die Lage bei Hof entspannte sich.
Unter Zarin Katharina
Im Jahr 1764 schließlich wurde auf Veranlassung Katharinas der Großen – einer Kunstliebhaberin und – Sammlerin – aus dem Winterpalast ein Museum gestaltet. Die heutige Eremitage. Da auch die kostbaren Kunstschätze vor Ratten- und Mäusebefall geschützt werden mussten, durften die Katzen bleiben, als tierische Museumswächter sozusagen.
Von da an hatten die Katzen der Eremitage Wohn- und Bleiberecht. Doch die Gunst, die die Samtpfoten bei den Zaren genossen, dürfte schon auf den Stadtgründer St. Petersburgs, Peter den Großen zurückgehen, soll der doch ein großer Katzenliebhaber gewesen sein. Zar Alexej Michailowitsch wiederum verdankt die Kunstgeschichte das angeblich weltweit erste Katzengemälde. „Die Ruhige“, so der Porträttitel, sollte wohl zugleich eine Anspielung auf den sanften und besonnenen Charakter des Regenten sein. Seinem Sohn Peter dem Großen wird hingegen schreckliche Grausamkeit nachgesagt. Katzen hatten darunter aber nicht zu leiden, im Gegenteil, soll Zar Peter doch sogar angeordnet haben, die St. Petersburger Straßenkatzen zu füttern. Mit seiner Tochter Elisabeth, die die Katzen in das Palastmuseum brachte, schließt sich der Kreis.
Rückschläge
Während des Zweiten Weltkrieges hatten die Palasttiger jedoch nichts zu Lachen. Fast 900 Tage litt das damalige Leningrad unter der Belagerung der deutschen Besatzungstruppen und die Bevölkerung hatte großen Hunger. So großen Hunger, dass tragischerweise auch die Museumskatzen auf den Tellern der Leningrader landeten. Nach Kriegsende gab es in der Eremitage keine Katzen mehr. Als bald darauf Leningrad von einer Rattenplage heimgesucht wurde, dauerte es jedoch nicht lange, bis mehrere Tausend Katzen aus anderen russischen Städten in die Hauptstadt gebracht wurden, um neuerlich dagegen vorzugehen. Damit wurde auch eine neue Generation von Museumskatzen begründet.
1991, als die Sowjetunion zusammenbrach, gab es plötzlich kein Geld mehr, um die Palastkatzen angemessen zu versorgen. Museumsmitarbeiter riefen jedoch bald die Aktion «Ein Rubel für eine Katze» ins Leben – mit Erfolg!
Und heute?
Stattet man heute dem Eremitage-Museum einen Besuch ab, kann es gut sein, dass man der einen oder anderen Samtpfote begegnet. Besonders häufig anzutreffen ist Kater Wasja, der schon seit über 10 Jahren Palastbewohner ist und die Besucher gerne am Museumseingang beobachtet. Er kennt sich in seinem Reich bestens aus und befindet sich regelmäßig auf Streifgang. Im Winter hält er sich jedoch am liebsten in den weitläufigen Kellergängen auf, vorzugsweise auf den warmen Heizungsrohren. Hier unten, abseits vom Trubel des Museumsalltags mit seinen Massen an täglichen Besuchern, werden die pelzigen Palastbewohner gefüttert und gepflegt. Eine Aufgabe, die zur Zeit Tatjana Danilowa, Chefin des Wachpersonals der Eremitage, ehrenamtlich übernimmt. Ihrer aufopferungsvollen Katzenliebe ist unter vielem anderen zu verdanken, dass in das Kellergewölbe eine kleine Küche installiert wurde, in der täglich große Mengen Futters frisch für die Katzen gekocht werden. Eine mühevolle Arbeit, die sich Danilowa mit einigen Mitarbeiterinnen teilt. Auch für medizinische Versorgung wird gesorgt. Eine Tierärztin schaut regelmäßig vorbei und kümmert sich vor allem um kranke Tiere. Leider werden vor der Eremitage immer wieder Katzen ausgesetzt, was im Laufe der Zeit dazu geführt hat, dass der Katzenkeller aus allen Nähten platzt. Für etwa 50 Katzen wäre ausreichend Platz, derzeit sind es an die 70. Ein Problem, das sich auch finanziell bemerkbar macht. Monat für Monat sammelt Tatjana Danilowa Spenden für ihre Schützlinge. Auch ein Futtermittelhersteller konnte als Sponsor gewonnen werden.
Die viele Mühe, die die Katzenpflege kostet, entlohnen die Palasttiger auf ihre Weise – mit Schmuseeinheiten, Schnurren und ihrer bloßen reizenden Anwesenheit. Auch die Nagetierplage ist mittlerweile zur Theorie geworden, denn Ratten und Mäusekommen schon lange keine mehr. Vermutliche aufgrund des spezifischen Geruchs, den die vielen Palastkatzen in ihrem Revier hinterlassen. In den letzten Jahren sind die Katzen der Eremitage zu solchen Berühmtheiten geworden, dass viele Touristen den Winterpalast allein der Samtpfoten wegen besuchen. Wegen des großen Interesses gehören gesonderte Katzenführungen inzwischen zum Museumsprogramm. Übrigens ist es sogar möglich, die Palastmiezen zu adoptieren, eben wegen des Problems des Platzmangels. Interessenten werden selbstverständlich genau geprüft, damit die Tiere auch in die richtigen Hände kommen.
Kuriosität am Rande: in Sankt Petersburg wurde den Katzen sogar ein Denkmal gesetzt. Es gedenkt jener Katzen, die während des Zweiten Weltkriegs die Stadt vor einer Rattenplage bewahrt haben.
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Linda Ford
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