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Purrsuit of Culture, Art, Lifestyle and Fashion for Catlovers!

Warum das Internet von Katzen träumt

Ein nostalgischer, schlafender Computer mit einem "Zzz"-Symbol auf dem Bildschirm träumt in einer Gedankenblase von vier Katzen in verschiedenen Farben – schwarz, weiß, orange und getigert. Die Illustration symbolisiert auf humorvolle Weise künstliche Intelligenz und Computerruhe.
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ls für die Menschen durch das Internet ein neues Zeitalter anbrach und sie nach und nach in die Untiefen der digitalen Welt hinein gesogen wurden, geschah es, dass diese künstliche Intelligenz auf ihrem Eroberungsfeldzug plötzlich innehielt, um sich der ausgiebigen Betrachtung von Katzenvideos zu widmen. Und während Philosophen und Metaphysiker noch darüber rätselten, ob wir in einer Simulation leben war das Internet längst dabei, sich seine eigene Matrix zu bauen: eine mit flauschigen Hauptdarstellern von beneidenswerter Unabhängigkeit mit deren Schnurren als Soundtrack. IT-Experten wollen inzwischen herausgefunden haben, dass die Begeisterung des Internets für Katzen so weit geht, dass es gar von Katzen „träumt“. Eine Tatsache, die angesichts seiner stetigen Beschäftigung mit den Samtpfoten jedoch kaum überrascht. Doch worin besteht die Faszination dieser Tiere, der sich nicht einmal die Entität aus Nullen und Einsen entziehen kann?

Das Mysterium Katze 

Die Katze ist kein gewöhnliches Tier, sie ist die Verkörperung einer Lebenshaltung. Im alten Ägypten als göttliches Wesen verehrt, im Mittelalter verteufelt, in der Neuzeit ignoriert, eroberte sie sich im 21. Jahrhundert schließlich ihren königlichen Status zurück, indem sie zum viralen Superstar gekrönt wurde. Dabei blieb die Katze über die Jahrtausende ihrem Wesen freilich immer treu, nur der Mensch setzte sie in unterschiedliche Kontexte und dieser ist heute eben digital.  

In Japan gibt es Katzencafés mit WLAN, in dem Menschen ihre sozialen Defizite mit Milchschaum und Miau kompensieren. In den USA wurde ein Kater namens Stubbs Bürgermeister eines kleinen Ortes in Alaska und damit zum Internet-Phänomen. Und auch in Europa hat längst so manche Katze ihren eigenen Instagram-Account mit mehr Followern als ein Filmstar. Die Frage ist also nicht mehr, warum Katzen das Internet erobert haben, sondern: Was wäre das Internet ohne sie? Vermutlich ein recht trostloser Ort voller politischer Diskussionen, schlechter Selfies und unorigineller Selbstdarsteller. 

Deep Learning – Wenn Maschinen träumen 

2012 ließ Google seine neuronalen Netze auf Millionen YouTube-Videos los – in der Hoffnung, dass die KI dadurch ein allgemeines Verständnis von der Welt entwickeln würde. Und siehe da, was dabei herauskam war so erstaunlich wie eindeutig: Die künstlichen Gehirne des Internets konnten mit bemerkenswerter Treffsicherheit Katzen erkennen und das, ohne jemals das Wort „Katze“ gelernt zu haben!  

Man kann sich das Erstaunen der Google-Forscher bildlich vorstellen, als sie auf das Ergebnis starrten und fassungslos konstatierten: „It dreams of cats!“  Als hätte Stanley Kubricks fiktiver Computer HAL 9000 statt „Daisy“ leise „Miau“ geflüstert, bevor er sich abschaltete. 

War dieser Befund nur ein Zufall, oder doch ein schlichtes Abbild der digitalen Realität? Vielleicht hat das neuronale Netz auch einfach nur erkannt, was die Menschheit im Internet wirklich bewegt: nicht Fortschritt, nicht Wissen, nicht Politik – sondern Katzen. 

Philosophische Betrachtungen 

Kant hätte vielleicht gesagt: „Die Katze an sich ist nicht erkennbar.“ Und das aus gutem Grund – eine Katze folgt keiner Logik, keinem Befehl, keinem Algorithmus. Sie ist, wie Heidegger sagen würde, „bei sich selbst“ – vollkommen und ohne Erklärung. 

Wenn der Hund der Gefährte ist, der sich in den Dienst des Menschen stellt, ist die Katze die souveräne Königin, die dem Menschen erlaubt, sich in ihrer Gegenwart zu sonnen. Sie tut, was wir nicht können: Sie existiert mit Würde im Chaos. Das Internet ist die digitale Manifestation dieses Chaos – und mittendrin sitzt die Katze, unbeeindruckt, würdevoll aus halbgeschlossenen Augen abschätzig blickend. Vielleicht liegt darin der philosophische Mehrwert des Webs: Mensch, erkenne dich selbst, indem du einer Katze beim Nichtstun zusiehst! 

Kuriose Anekdoten aus dem Reich der Pixelpfoten 

Grumpy Cat, die wohl berühmteste Griesgram-Mieze der Welt, brachte ihrer Besitzerin Millionen ein – mit nichts weiter als einem chronisch übelgelaunten Gesichtsausdruck. Die moderne Tragik dieser Geschichte ist weithin bekannt: Grumpy Cat wurde zur Marke, zum Meme und schließlich zum Mythos. Dennoch starb sie viel zu früh an einer Harnwegsinfektion. Sic transit gloria cattorum. 

Der vielleicht allererste „Cat-Content“ der Geschichte könnte übrigens das Foto „Thomas Edison’s Cat“ gewesen sein, das um 1880 noch auf Glasplatte gebannt wurde und bald in diversen zeitgenössischen Medien Verbreitung fand. Schon damals waren Katzen die inoffiziellen Maskottchen von introvertierten Technik-Nerds wie dem berühmten Glühbirnen-Pionier. 

In China gibt es eine App, die es Nutzern erlaubt, rund um die Uhr Katzen per Livestream zu beobachten. Einige User berichten, sie hätten dabei vergessen, ihr echtes Haustier zu füttern. So weit kann es führen, wenn die digitale Welt die physische überlagert. 

Schlussbetrachtung: Miau als Metapher 

Dass das Internet von Katzen träumt, ist kein Zufall. Es ist die digitale Rückkehr des Mystischen, des Unverfügbaren, der Unlogik in einer Welt, die sich der vollständigen Berechenbarkeit verschrieben hat. Die Katze ist das letzte Geheimnis, das sich zwar googeln aber nicht ergründen lässt. Das Wesen dieser Tiere ist so mysteriös und faszinierend, dass selbst die Künstliche Intelligenz es weder entschlüsseln, noch sich ihm entziehen kann, so scheint es. Insofern ist das Internet auch Spiegelbild unseres menschlichen Unterbewusstseins und ein möglicher Hinweis darauf, dass wir trotz aller Technologie-Begeisterung nach etwas suchen, das sich unserem Zugriff entzieht, dass wir in unserer entzauberten Welt einen Rest Mysterium brauchen, das etwas Heiliges, ja Unantastbares hat. Welches Wesen könnte diesem Anspruch besser gerecht werden als die Katze? 

Und während wir uns immer mehr in Algorithmen verlieren, KIs unser Verhalten berechnen und soziale Medien unsere Aufmerksamkeit verwerten, denkt sich die Katze: „Mach, was du willst, ich entspanne jetzt auf meinem Lieblingsplatz in der Sonne!“ Eine kluge Haltung – gerade auch im analogen Leben. 

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