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Wasserscheue Schmusetiger und schwimmende Superstars – Die ambivalente Beziehung der Katze zum kühlen Nass

W

enn es ein Naturgesetz zu geben scheint, dann dieses: Katzen und Wasser vertragen sich so gut wie Essig und Öl. Jeder Katzenhalter kennt den panischen Satzsprung, wenn sich ein zartes Tröpfchen auf dem Fell seiner Katze verirrt. Es scheint fast wie ein Treppenwitz der Evolution, dass ausgerechnet ein Tier, das derart akribisch sauber ist, Wasser fürchtet, als sei es flüssiger Knoblauch für Vampire.

Doch wie so oft im Leben – und besonders im Leben von Katzen – gilt auch hier: Es gibt Ausnahmen. Und was für welche!

Das Drama des Katzenbadens

Im Leben von Katzenhaltern und ihren Samptpfoten gibt es ein Thema, das beide gleichermaßen erschaudern lässt: Das Katzen-Bad. Ob medizinisch verordnet oder gut gemeint – das Vorhaben, eine Katze zu baden, endet fast unweigerlich mit zerkratzten Armen, einem überschwemmten Badezimmer, menschlichen Nervenzusammenbrüchen und einer Katze, die einen wochenlang mit dem Blick der ultimativen Enttäuschung straft.

Dabei ist das Baden gesunder Katzen meist schlicht unnötig. Katzen reinigen sich selbst mehrere Stunden am Tag und ihre Zunge – deren Horn-Papillen als feiner Kamm fungieren – erledigt die Arbeit mit unvergleichlicher Effizienz. Nicht zufällig haben Studien ergeben, dass sich auf einer menschlichen Hand hundertmal so viele Bakterien befinden wie auf einer Katzenpfote. Baden sollte man eine Katze nur in Ausnahmefällen – bei starker Verschmutzung des Fells, Parasitenbefall oder wenn die Katze krank und nicht mehr im Stande ist, sich ausreichend selbst zu putzen.

Feline Wasserangst evolutionsgeschichtlich betrachtet

Für die tiefe Abneigung der Katze gegen Wasser gibt es etliche plausible Erklärungen: Zum einen sind Katzen evolutionsgeschichtlich gesehen Wüstentiere, die an trockene Umgebungen angepasst sind. Ihr dichtes Fell ist nicht darauf ausgelegt, schnell zu trocknen. Ein nasses Fell ist schwer, unangenehm und kann sogar die Körpertemperatur senken – eine echte Plage für ein kleines Raubtier. Zum anderen dürfte auch der Geruchssinn der Katze eine Rolle spielen: Wasser kann die natürlichen Gerüche im Fell einer Katze verändern, was sie irritiert und ihr kurzfristig die Fähigkeit nimmt, mit ihrer Duft-Signatur ihr Revier zu markieren. Obwohl Katzen von Natur aus schwimmen können und oft auch im Wasser fischen, ihre volle Kraft und Präzision als Jäger entfalten sie an Land und nicht im Wasser. Kurz gesagt: Wasser ist aus Katzensicht ineffizient, unangenehm und voller Unwägbarkeiten.

Wenn die Ausnahme die Regel bestätigt: Die Schwimmer unter den Samtpfoten

Doch wie bei jeder guten Regel gibt es auch hier die berühmten Ausnahmen: jene heldenhaften oder vielleicht einfach nur exzentrischen Katzen, die dem Klischee trotzen. Besonders seit Katzenfreunde Geschichten ihrer Miezen im Netz teilen, sieht man sie: Fotos oder Videos von Katzen, die seelenruhig auf einem Surfboard balancieren, sich majestätisch auf einem Paddelbrett durch einen See rudern lassen oder mit ihren Menschen Kanu fahren.

Ein Paradebeispiel ist Louis, ein Maine-Coon Kater, der in den sozialen Medien Berühmtheit erlangte, weil er seine Menschen auf Kajaktouren begleitet und die Aufenthalte am Wasser sichtlich genießt. Der für eine Wohnungskatze außergewöhnlich abenteuerlustige Kater sitzt bei seinen Ausflügen mit dem Kajak vorzugsweise am Bug und erfreut sich entspannt und selbstsicher der Fahrt. Maine Coons sind zwar dafür bekannt, im Vergleich zu anderen Katzenrassen eher eine entspannte Beziehung zu Wasser zu haben, dennoch sorgt Louis mit seinen Kajak-Touren im Internet für Begeisterung und Erstaunen.

Ein anderer Kater mit Wasseraffinität ist Ronnie, der seine Besitzer beim Segeln begleitet und gerne vom Boot aus ins Meer springt. In zahlreichen Videos sieht man ihn elegant und mutig durchs Wasser gleiten, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Seine Videos gingen auf YouTube und anderen Kanälen viral und die User überschlugen sich mit bewundernden Kommentaren wie „Er schwimmt schneller als ich!“. Ronnie ist der Beweis dafür, dass es auch unter normalen Hauskatzen Individuen gibt, die dem nassen Element alles andere als skeptisch gegenüberstehen.

 

Zu besonderer Berühmtheit gelangte Nathan, eine australische Katze, die nicht nur schwimmt wie ein Fisch, sondern auch lässig auf einem Surfboard sitzt, als sei sie ein Model für Wassersport-Bedarf. Die kleine schwarze Katze wurde im Alter von 6 Wochen von Mitgliedern der australischen Tierrettungsorganisation RSPCA  ausgesetzt in einem Karton am Straßenrand gefunden– zusammen mit ihrer Mutter und weiteren Katzengeschwistern. Ihre späteren Adoptionseltern Ryan und Melissa – beide begeisterte Surfer – führten Nathan früh ans Wasser. Bereits mit 11 Wochen war sie das erste Mal am Strand. Schritt für Schritt überwand sie ihre Scheu, wurde immer selbstsicherer und begann schon bald eigenständig zu schwimmen. Zuerst nur im seichten Wasser, bald aber auch im offenen Meer. Ihr Instagram-Account „nathan_thebeachcat“, der 2017 online ging, stieg binnen kürzester Zeit von 0 Followern auf Zahlen im sechsstelligen Bereich. Medien wie BuzzFeed, Sky News, The Dodo und Daily Mail berichteten von der außergewöhnlichen Katze. Dank ihrer Bekanntheit ist Nathan mittlerweile offizielle RSPCA „Furbassador“ sowie Fürsprecherin für schwarze Katzen und den Tierschutz.

Eine weitere berühmte Wasser-Katze ist Mavi, der den Beinamen „surfer cat“ trägt. Der Bengalen Kater wurde ebenfalls schon als Kätzchen früh an Wasser gewöhnt. Seine „Eltern“ Nick und Kayla – beide begeisterte Wassersportler (Nick ist sogar ehemaliger Wakeboard-Profi) – nutzten ihren Pool, um Mavi beizubringen, auf einem Surfboard zu sitzen und zu schwimmen. Später nahm ihn Nick auch bei seinen Surftouren am Meer mit, wo der Kater vorzugsweise gekonnt am Surfboard-Bug balanciert. Auch in gefrorener Form genießt Mavi das Wasser, wenn ihn Nick und Kayla zum Snowboarden mitnehmen. Auf Instagram kann man Clips mit Mavi unter @surfercatmav bewundern. Seine außergewöhnlichen Fähigkeiten sorgten nicht nur im Internet für Aufsehen, auch das Surfer Magazine berichtete über den Surf-Kater.

Auch Kater Hoku, der von einem jungen Ehepaar aus dem Tierheim gerettet wurde und ihnen schon bald sein Interesse an Wasser zeigte, indem er in die Badewanne und später in den Pool sprang, ist mittlerweile ein Internet-Star. Der in Hawaii ansässige Kater genießt sichtlich die Ausflüge an den Strand, wo er mit seinen Adoptiveltern surft und schwimmt. Wenn er selbstbewusst auf dem Surfbrett sitzt und von dort die Aussicht auf das Wasser genießt, scheint er zu fragen, warum andere Katzen sich bezüglich Wasser so anstellen.

Eine natürliche Schwimmerin – die Turkish Van

Doch es gibt auch eine natürliche Schwimmerin unter den Katzen, die nicht erst durch spezielles Training an das Wasser herangeführt werden musste: die Turkish Van. Diese seltene Rasse trägt nicht zufällig den Beinamen „Schwimmkatze“. Ursprünglich aus der Region um den Van See, einem hochgelegenen Binnengewässer in Anatolien stammend, ist sie dafür bekannt, mit Freude ins Wasser zu gehen. Die Region im Osten der heutigen Türkei ist geprägt von einem rauen Gebirgsklima. Die Turkish Van hat sich in dieser Umgebung offenbar zu ihrem evolutionären Vorteil entwickelt, indem sie Wasser nicht als Bedrohung, sondern als Ressource sah. Theorien, die die Entwicklung ihres Wasserinteresses erklären könnten, sind, dass die Turkish Van (bzw. ihre wilden Vorfahren) entweder selbstständig oder als Begleiter von Fischern am Van See fischten. Diese Lebensweise führte auch zu einer körperlichen Anpassung: ihr halblanges, wasserabweisendes Fell, das besonders im Sommer dünner wird, hat keine Unterwolle und ist ideal für ein Leben als Schwimmerin, da es sich nicht so stark mit Wasser vollsaugt und schnell trocknet. Van-Katzen haben kräftige, muskulöse Körper und breite Pfoten, die beim Schwimmen hilfreich sind. Da die Sommer rund um den Van See sehr heiß sind, bot das Wasser zusätzlich zur Jagdmöglichkeit auch Abkühlung. Auch heute zeigen die meisten Turkish Vans eine echte Begeisterung fürs Planschen oder Schwimmen und springen mitunter eigenständig in Teiche, Pools und Badewannen – mit einem Enthusiasmus, den man sonst nur von Labradoren kennt.

Die Turkish Van wurde in den 1950ern von zwei britischen Züchterinnen nach England gebracht, von wo aus sie weitergezüchtet wurde und sich – auch wegen ihres verspielten, menschenfreundlichen Wesens – zur beliebten Hauskatze entwickelte. In der Türkei selbst werden Van-Katzen als kulturelle Schätze betrachtet – an der Yüzüncü Yil-Universität wurde ein Zentrum eingerichtet, das sich ihrem Schutz widmet. Wer sie als Haustier halten möchte, sollte für Platz, Abwechslung und idealerweise auch für ein Planschbecken sorgen.

Warum mögen manche Katzen Wasser?

Es gibt mehrere Erklärungen dafür, warum manche Katzen das kühle Nass nicht nur dulden, sondern sogar darin aufblühen:

Konditionierung: Auch wenn Katzen nicht in gleicher Weise wie Hunde erziehbar sind, ist es durchaus möglich, sie zu konditionieren. Die frühe Gewöhnung, möglichst noch im Kätzchenalter, ist dabei wesentlich: Wenn Katzen sehr früh positive Erfahrungen mit Wasser machen, behalten sie diese Einstellung oft ein Leben lang bei. Wenn man hingegen eine erwachsene Katze zu Kontakt mit Wasser überreden will, stößt man meist auf vehementen Widerstand.

Spieltrieb und Neugier: Doch auch Spieltrieb und Neugier können so manche Katze dazu bringen, sich mit dem Wasser anzufreunden: Plätscherndes Wasser, bewegliche Tropfen, das verführerische Geräusch von laufendem Wasser – all das sind mitunter interessante Anreize für verspielte Fellnasen. Etwas Mut gehört freilich schon auch dazu.

Klimatische Umstände: Wie schon am Beispiel der Turkish Van dargelegt, können klimatische Umstände durchaus zur Wasserliebe bei Katzen beitragen: In heißen Regionen kann Wasser schlicht eine willkommene Abkühlung sein. Und eine nasse Katze ist manchmal eben doch eine glückliche Katze – aber nur auf freiwilliger Basis, versteht sich.

Anpassung: Neben der Anpassung an klimatische Bedingungen, hat auch die Bindung der Katze an den Menschen Spuren hinterlassen. Schiffe führten seit jeher Katzen an Bord, um Ratten- und Mäuse in Schach zu halten. Das Leben auf hoher See in Kombination mit Fischen als Nahrungsquelle dürfte so mancher Katze ebenfalls die Angst vor dem Wasser ausgetrieben haben.

Es bleibt eine komplizierte Beziehung

Während die meisten Katzen Wasser meiden wie der Teufel das Weihwasser, gibt es jene mutigen oder unkonventionellen Exemplare, die uns zeigen, dass die Katzenwelt voller Überraschungen steckt. Für uns Menschen ist die Beziehung unserer felinen Freunde zum feuchten Element vor allem ein Quell der Unterhaltung – und manchmal der Verzweiflung.

Wenn auch die Fülle an Beispielen aus dem Internet einen anderen Eindruck erwecken mag: Wasserliebende Miezen sind und bleiben seltene Raritäten, also sei nicht enttäuscht, wenn deine Katze das Schaumbad, das du ihr eingelassen hast, nicht mit Begeisterung quittiert. Aber vielleicht beobachtet sie dich dafür gerne beim Duschen, mit vielsagendem Blick, der in einer Mischung aus Mitleid, Sorge und Selbstzufriedenheit zu konstatieren scheint: „Pech gehabt, dass du nicht so eine phänomenale Zunge hast wie ich!“

Und ob nun mit Meeresschaum unter der Pfote, oder mit Sicherheitsabstand zur Badewanne – wir lieben unsere Katzen ohnehin wie sie sind.

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