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„Cat Distribution System“ – Wenn Katzen uns erwählen 

Katzen sitzen in Pappkartons auf einer Reihe von Förderbändern auf einer sonnigen, von Bäumen umgebenen Wiese. Die Szene ist skurril, mit zahlreichen verspielten Katzen, die die Fahrt in verschiedenen Posen genießen.
E

s beginnt immer auf ähnliche Weise: Ein Mensch, der eigentlich fest davon überzeugt ist, kein Katzenmensch zu sein, findet sich urplötzlich und ohne es angestrebt zu haben im Besitz einer Samtpfote wieder. Vielleicht öffnet er eines Tages ahnungslos seine Haustüre und eine Mieze sitzt einfach da, mit unschuldigem Blick und forderndem „Miau“, als wollte sie sagen: „Hallo, hier bin ich!“ Oder es ergibt sich, dass man an einem regnerischen Tag, ein durchnässtes, halberfrorenes Kätzchen findet, das man nicht so einfach liegen lassen will und mitnimmt – ursprünglich nur, um es zu pflegen. Doch ehe man es sich versieht, hat sich das kleine Wesen bereits in das Herz seines Retters geschmeichelt und eine Trennung ist nicht mehr denkbar. Es gibt unzählige Varianten, mittels derer sich eine Katze Zutritt zum Heim auch des hartnäckigsten Katzenverweigerers verschafft und – was wesentlich folgenreicher ist - zu seinem Herzen. Denn letzteres geschieht katzentypisch auf so subtile Weise, dass der Betroffene stets viel zu spät bemerkt, dass er nicht mehr im Vollbesitz seiner Entscheidungskraft ist, sondern vielmehr längst zum Spielball des schnurrenden Eindringlings geworden ist. Willkommen im unergründlichen „Cat Distribution System“ (CDS), einer kosmischen Macht, die Katzen und Menschen zueinander führt, ob der Mensch will oder nicht! 

Handelt es sich um eine uralte göttliche Ordnung, um eine Laune des Schicksals oder um karmische Bestimmung?

 
Ein Mysterium der Natur (und des Internets) 

Das Phänomen ist inzwischen auch dank seiner Verbreitung auf sozialen Plattformen weltweit bekannt, sein Ursprung aber bleibt nebulös und geheimnisvoll. Vielleicht handelt es sich um eine uralte göttliche Ordnung, um eine Laune des Schicksals, vielleicht um eine Art karmischer Bestimmung – oder haben wir es hier gar mit einer raffinierten Verschwörung der Katzen selbst zu tun? Das Internet, als moderne Orakelstätte, liefert unzählige Zeugnisse davon: Menschen, die nie eine Katze wollten, erzählen von rätselhaften Begebenheiten, die dazu führten, dass sie nun einen flauschigen Mitbewohner haben. Ein Streuner taucht unvermittelt auf, bleibt zunächst zum Essen, dann für eine Nacht – und plötzlich ist der Mensch nicht mehr Herr seines eigenen Sofas und Lebens. 

Die Theorien darüber, wie das „Cat Distribution System“ funktioniert, reichen von biologischen Algorithmen, nach denen Katzen instinktiv den schwächsten Widerstand erkennen, bis hin zu spirituellen Deutungen. Eine davon ist, dass Katzen uns finden, weil sie eine höhere Mission haben. Sie wissen, dass unser Leben ohne sie leer ist, dass uns ohne sie etwas Essenzielles fehlt, das nur sie ausfüllen können – auch wenn uns das selbst bisher so gar nicht bewusst war. 

Eines Tages saß der getigerte Bastard einfach auf seiner Terasse.

Der unerklärliche Wandel vom Katzenmuffel zum ergebenen Diener 

Die wohl faszinierendste Eigenschaft des CDS ist seine Fähigkeit, Menschen zu bekehren. Im Internet wird eine Unmenge an typischen Geschichten geteilt, die den immer gleichen Mustern zu folgen scheinen. Da gibt es den eingefleischten Hundeliebhaber, der nie etwas mit Katzen anfangen konnte. Doch eines Tages saß „dieser getigerte Bastard“ auf seiner Terrasse und tat, als ob er immer schon hier gewesen wäre. Ignorieren brachte nichts, denn am nächsten Tag saß er wieder da. Am dritten Tag lässt sich der erklärte Katzengegner schließlich dazu erweichen, dem hartnäckigen Tier ein bisschen Wurst zu geben. Und von da an dauerte es nicht mehr lange, bis sich der samtpfötige Eindringling auf dem Kopfkissen des ungefragt Erwählten breit machte, welcher sich inzwischen dafür entschuldigt, wenn er den Schönheitsschlaf des neugewonnenen Gefährten aus Versehen stört. 


Ein ähnlicher Fall ist jener der passionierten Pflanzenfreundin, die mit einem „katzenfreien Haushalt“ in ein neues Leben starten wollte. Jegliches Chaos war ihr ein Gräuel und da Katzen dafür bekannt sind, selbiges gerne zu verbreiten, besonders auch indem sie die eine oder andere sorgsam gepflegte Topfpflanze vom Fensterbrett stoßen, ausgraben oder zerkauen, waren Katzen ein absolutes Tabu. Doch das Schicksal hatte andere Pläne: Eines Tages saß eine hübsche Dreifärbige auf ihrem Balkon, als hätte sie ihn gemietet. Und als die junge Frau einmal laut zu der Katzendame sagte, dass sie sie ja nicht behalten könne, sah die sie mit „diesem“ Blick an, der ihr schließlich keine Wahl ließ. Seitdem wohnt sie nicht mehr alleine. Ihre Pflanzen sind zwar mittlerweile fast alle tot, doch ihr Herz ist voll mit einer Liebe, die sie zuvor nicht kannte.  

Am Beispiel des CDS stellt sich die Frage, ob wir Spielfiguren eines höheren Plans sind.

Philosophische Fragen: Erwählen wir die Katze oder wählt sie uns?

Das „Cat Distribution System“ wirft zahlreiche philosophischen Fragen auf und stellt insbesondere die klassische westliche Auffassung von Besitz auf den Kopf. Wir denken, wir seien autonome Subjekte, die Entscheidungen gemäß unserem Willen treffen. Doch am Beispiel des Phänomens des CDS stellt sich die Frage, ob wir in Wahrheit nicht vielmehr Spielfiguren eines höheren Plans sind, eines Plans, dessen Logik sich Katzen offenbar besser erschließt als uns und den sie sich geschickt zu Nutze machen. Wenn wir glauben, Haustiere aus freien Stücken adoptiert zu haben, ist es dann nicht oft genau umgekehrt, nämlich, dass wir selbst diejenigen sind, die adoptiert wurden? 

Aus fernöstlicher Perspektive betrachtet, folgt das CDS dem Prinzip des Wu Wei, des „Nicht-Handelns“. Die Katze geschieht einem. Man kann sich gegen sie sträuben, doch der wahre Weise akzeptiert das Unvermeidliche und öffnet seine Tür und sein Herz. 

Ein System, das uns braucht, oder das wir brauchen? 

Ob karmisches Prinzip, kosmisches Gesetz, globale Verschwörung unter Katzen oder schlicht tierisches Schlitzohrentum – das „Cat Distribution System“ funktioniert mit einer immer wieder verblüffenden Effizienz und Treffsicherheit. Und während weltweit Menschen immer noch zu ergründen versuchen, wie genau es operiert und welches Mysterium sich dahinter verbirgt, haben es Katzen längst unter ihre Kontrolle gebracht und in ihren Dienst gestellt. 

Und so kompliziert, obskur und mystisch ist das CDS am Ende vielleicht doch auch wieder nicht, denn seien wir ehrlich: Wer von uns, der je eine Katze auf der Türschwelle vorfand, hat sie einfach kaltblütig weggeschickt? Eben. 

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