
s ist ein universelles Gesetz, das so sicher ist wie das Schnurren einer zufriedenen Katze: Stellt man irgendwo einen Pappkarton hin, dauert es nicht lange, bis eine Samtpfote darin Einzug hält. Dieses Phänomen, das jedem Katzenbesitzer so vertraut ist wie das typische fordernde Miauen zur Futterzeit, ist ein Rätsel, das viele Verhaltensforscher beschäftigt hat. Ob Katzen schon seit Anbeginn ihrer Domestizierung dieses Faible zeigten, ist ungewiss, zumindest aber scheint es so alt zu sein, wie der Kartonagen basierte Versandhandel.
Selbst das luxuriöseste Katzenbett kann mit einem Pappkarton nicht konkurrieren.
Eine geheimnisvolle Anziehungskraft
Für Katzen scheint von Kartons eine geheimnisvolle Anziehungskraft auszugehen, der sie einfach nicht widerstehen können: In geradezu naturgesetzmäßiger Folgerichtigkeit erliegen unsere Miezen der Faszination der eckigen Objekte sobald diese in ihrem Revier auftauchen. Mit einem Pappkarton kann selbst das luxuriöseste Katzenbett nicht konkurrieren – plüschige Polster, beheizte Liegefläche und ergonomisch geformte Kissen hin oder her. Kein noch so überzeugendes Produkt der Katzenbedarfs-Industrie wird von unseren Stubentigern so begeistert angenommen wie ein schlichter Pappkarton. Wenn dieser dann auch noch nach frischer Druckertinte duftet, gibt es für die Miezen kein Halten mehr. Dabei ist es egal, ob der Karton für die wohlgenährte, etwas aus der Form geratene Hauskatze eigentlich viel zu klein ist – was auf den ersten Blick nicht passt, wird passend gemacht. So mancher Katzenbesitzer gerät angesichts der damit verbundenen akrobatischen Verrenkungen und plötzlichen körperlichen Minimierung seiner Katze in Erstaunen und leichte Panik, zumal er sonst gewohnt ist, das halbe Bett mit ihr zu teilen.
Die Schachtel als Ruhe-Oase
Doch was ist Grund für diese unbändige Leidenschaft unserer Samtpfoten für ordinäre Kartonagen? Ist es die Enge der Box, die sich wie ein schützender Kokon um den Körper der Katze legt? Eine Art Rückkehr zur Höhlenmentalität, ein Überbleibsel ihrer wilden Instinkte, das ihr das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt? Forscher vermuten genau das. Eine Studie der Universität Utrecht bewies, dass Katzen, die Zugang zu Kartons hatten, weniger Stresssymptome zeigten als ihre Artgenossen ohne diese Möglichkeit. Die Begrenztheit des Raumes vermittelt offenbar Schutz, während die Isolation vor äußeren Reizen eine Art meditative Ruhe schafft. Zudem ist Karton in der Lage Wärme zu speichern, was ihn für die wärmeliebenden Tiere besonders attraktiv macht.
Auch Löwen, Tiger und Geparden erliegen der Magie der Pappe.
Alle Katzen lieben Kartons – auch große
Dieses Verhalten ist nicht nur auf unsere Hauskatzen beschränkt. Zoos rund um den Globus haben das Phänomen längst erkannt und bieten ihren Großkatzen Kartons zur Beschäftigung an. Löwen, Tiger, Panther, Luchse, Geparden – sie alle erliegen der Magie der Pappe, rollen sich darin zusammen oder zerstören sie mit ungestümer Begeisterung. Was für uns nach einem banalen Stück Verpackungsmaterial aussieht, ist für Katzen eine Mischung aus Rückzugsort, Spielzeug und Beuteattrappe. Zu beobachten, mit welchem Genuss Katzen jeder Gattung und Größe ihre Zähne in frische, knackige Pappe versenken und diese heftklammerartig perforieren, lässt uns erahnen, welche innige Freude ihnen ein für uns so einfacher, völlig trivialer Alltags- und Wegwerf-Gegenstand bereiten kann.
Das Glück im Einfachen
Mit ihrer Liebe zu Schachteln lehren uns unsere Katzen auch eine simple Weisheit: Wo wir Menschen nach Perfektion und Raffinesse streben, erkennen Katzen das Glück im Einfachen. Sie erinnern uns daran, dass das Beste oft schon vor unserer Nase liegt – oder eben auf dem Boden, in Form eines schlichten, braunen Kartons.
Warum also Unmengen an Geld für teure Kratzbäume und Designer-Kuschelhöhlen ausgeben, wenn eine einfache Schachtel völlig genügt, um unsere Katze glücklich zu machen? Bevor wir das nächste Mal unsere Verpackungskartons achtlos im Altpapier entsorgen, sollten wir jedenfalls das Einverständnis unserer Mieze berücksichtigen.